Warum sich Elon Musk als Super-Gamer inszeniert
Wer heute cool sein will, ist ein Gamer. Das weiss auch der reichste Mann der Welt, Elon Musk, und setzt dafür einiges aufs Spiel.
Quirin Gerosa (20)
Der reichste Mann der Welt, Elon Musk, wäre gerne der coolste Mensch auf Erden. Dafür prahlt er im Interview mit dem erfolgreichen Podcaster Joe Rogan (19,8 Millionen Abonnenten auf Youtube), dass er unter den zehn besten Spielern des Action-Rollenspiels Diablo 4 sei. Ein anderes Mal behauptet er, er sei in Path of Exile 2 (PoE2), ebenfalls ein Action-Role-Playing-Game, ein Topspieler. Die Konten, die er in beiden Spielen als seine bezeichnet, erscheinen zu diesem Zeitpunkt tatsächlich auf den jeweiligen Bestenlisten. Beide Spiele sind extrem zeitintensiv, so sehr, dass ein solcher Bestenlisten-Platz einen Vollzeitjob übersteigt.
PoE2 wurde am 6. Dezember veröffentlicht. Elon Musk behauptete gemäss Esports Illustrated einen Monat später, dass seine Figur Percy_Verence unter den ersten 15 Hardcore-Spielerkonti gelistet sei. Um dieses Level zu erreichen, hätte der vielbeschäftigte Multimilliardär – Chef der Elektro-Automarke Tesla, des Raumfahrtunternehmens SpaceX sowie des eng damit verbundenen Satelliten-Netzwerks Starlink, CEO des umstrittenen Sozialen-Netzwerks X und Schlüsselfigur des ebenfalls umstrittenen Department of Goverment Efficiency sowie bis vor kurzem Busenfreund von US-Präsident Donald Trump – mehrere hundert Stunden in das Game investieren müssen. Zum Beweis streamte Musk seine Path-of-Exile-2-Figur und löste einen Aufschrei in der Gamingwelt aus: Übergamer Musk spielte vor laufender Kamera wie ein Anfänger, übersah wichtige Gegenstände im Spiel und starb im verhältnismässig einfachen Level mehrmals fast. Der Vorwurf, Musk habe andere Spieler engagiert, um auf seinem Konto zu spielen und seine Figur aufzurüsten, wurde schnell laut. Die Kontroverse rief sogar das Wall Street Journal auf den Plan, doch Musk mochte sich nicht zu seinen Gaming-Gewohnheiten äussern. Seinem Gaming-Buddy NikoWrex aber gestand Musk in einer Direktnachricht auf der Plattform X, dass er die Figuren nicht selbst auf das Niveau gespielt habe: «Es ist unmöglich, die Spieler in Asien zu schlagen, wenn du es nicht so machst wie sie», schrieb Musk und impliziert damit, dass andere Spitzen-Gamer auch unsauber vorgehen. Doch warum setzt einer der (einfluss-)reichsten Menschen so viel daran, sich als krasser Gamer zu profilieren?
Vom Pizza fressenden Freak zum cleveren Nerd
Einfacher lässt sich diese Motivation verstehen, wenn man den Wandel des Images der Gamer anschaut. Bis vor wenigen Jahren hielt sich das Klischee, dass Gamer sozial Randständige, nicht an der Gesellschaft teilnehmende Menschen sind, die stundenlang im dunklen Zimmer sitzen, als Erwachsene noch zu Hause wohnen und zu viel Energydrinks und Pizza konsumieren.
In den letzten zwanzig Jahren wurde aus dem einstigen Nischenphänomen eine Multimilliarden-Industrie, die heute die Unterhaltungsbranche dominiert und in vielerlei Hinsicht auch die Kommunikation und soziale Vernetzung beeinflusst. Der Super Mario Bros. -Film und aktuell A Minecraft Movie haben weltweit $ 1,362 Milliarden respektive $ 940 Millionen eingespielt. Auf Games basierende TV-Serien wie Fallout, The Last of Usund in einem gewissen Sinn auch The Witcher (das Game basiert auf der gleichnamigen polnischen Bestseller-Serie von Andrzej Sapkowski) geniessen positive Bewertungen und erreichen auch Nicht-Spielende. Die professionelle Gaming-Sparte E-Sport wird weltweit von Millionen verfolgt und hat Profispieler zu Superstars gemacht. Viele Profi-Fussballer, -Basketballer und andere Athleten schätzen den Wettbewerbs-Charakter von Games und haben auch schon wie Antoine Griezmann oder Josh Hart vor laufender Kamera Fortnite-Siegestänzchen auf den Platz gelegt. All diese Elemente haben zu einem Sinneswandel beigetragen. Nur die Schweiz hinkt in Akzeptanz hinterher, obschon laut der Digimonitor Studie über die Hälfte der Schweizer Bevölkerung mindestens gelegentlich ein Game spielt – aber das ist ein anderes Thema.
Vor diesem Hintergrund und dem globalen Imagewandel von Games und deren Fans ist Elon Musk nichts weiter als ein Zeitgeist-Surfer. Übrigens: Der frisch gewählte Papst Leo XIV ist ein Gamer. Er spielt regelmässig die Puzzle-Games Wordle und Words with Friends zusammen mit seinem Bruder John Prevost. Cool, nicht?
Quellen:
https://www.si.com/esports/news/elon-musk-boosting-allegations-explained-path-of-exile-2
https://kotaku.com/new-pope-american-leo-wordle-words-with-friends-gamer-1851779977
https://www.wsj.com/lifestyle/elon-musk-videogame-diablo-tesla-spacex-4233b5b9
https://gizmodo.com/elon-musk-admits-to-paying-people-to-play-video-games-for-him-2000552872
https://www.igem.ch/schwerpunkte/forschung/gaming/
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