WikiLeaks – Zwischen Geheimnis und Öffentlichkeit
Zwischen Meinungsbildungsfreiheit und nationalen Interessen und der Sicherheit der Bevölkerung abzuwägen, ist alles andere als einfach wie dBeispiel von Wikileaks zeigt.
Franziska Feldhaus (19)
Spionage, Korruption und Krieg – Themen, bei denen Transparenz selten gegeben ist. Was wir davon mitbekommen, sind oft nur kleine Teile des Gesamtbildes, die uns bereits mit einer vorgefertigten Meinung präsentiert werden. Informationen werden zurückgehalten, um politische Interessen zu schützen oder eigene Fehler und Missstände zu vertuschen.
Manchmal wird die Veröffentlichung geheimer Dokumente gefordert – aktuell etwa bei den sogenannten Epstein-Files. Vor Kurzem habe ich mich gefragt, warum nicht einfach jemand diese Unterlagen veröffentlicht, und dabei fiel mir WikiLeaks wieder ein. Schon 2020 habe ich in der Schule eine kurze Präsentation über Julian Assange, den Gründer von Wikileaks, gehalten und mich erstmals mit der Plattform auseinandergesetzt. Damals wusste ich nur, dass dort geheime Dokumente online gestellt werden.
Eine geschützte Plattform für Whistleblower
Fünf Jahre später, in Zeiten verstärkter politischer Spannungen und Kriege, erscheint mir das Thema relevanter denn je, deshalb wollte ich mich vertiefter informieren. Nach der Verhaftung von Gründer Julian Assange war Wikileaks deutlich weniger aktiv. Inzwischen konnte Assange durch einen Deal mit der US-Regierung aus der Haft entlassen werden und nach Australien zurückkehren, doch es bleibt unklar, wie es mit der Plattform weitergeht.
Immer wieder haben Mitarbeitende von staatlichen Behörden oder Geheimdiensten als Whistleblower Informationen an Medien weitergegeben. Dies war jedoch mit hohen Risiken verbunden, da es kaum möglich war, dies anonym zu tun.
Die Online Plattform WikiLeaks hatte es sich zum Ziel gesetzt, dies zu ändern, und nutzte Verschlüsselungs- und Anonymisierungstechnologien, um Whistleblowern Schutz zu bieten. Zudem ermöglichte die Website, Informationen zeitnah einer globalen Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Dies geschah zunächst durch eine Reihe meist lokal relevanter Berichte, bei denen es sich um Rohinformationen handelte, damit sich die Öffentlichkeit selbst ein Bild von der jeweiligen Situation machen konnte. Bekannt wurde die Plattform, die seit 2006 besteht, 2010 durch das «Collateral Murder»-Videomaterial. Die Aufnahmen stammen aus dem Irak und zeigen den Angriff eines US-Militärhubschraubers auf Zivilisten.
Zusammenarbeit mit Mainstream-Medien
Bis dahin hatte WikiLeaks nur wenig Aufmerksamkeit erhalten – das änderte sich jedoch schlagartig durch die Zusammenarbeit mit Mainstream-Medien. Zusammen mit der britischen Zeitung «The Guardian», der «New York Times» und dem deutschen «Spiegel» bereitete WikiLeaks die Kriegsdokumente journalistisch auf und brachte sie an die Öffentlichkeit. In den folgenden Monaten veröffentlichten sie zudem immer mehr Dokumente aus den «Afghan War Diaries» und den «Iraq War Logs.»
Diese enthüllten Tausende geheime Militärdokumente, die schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen belegten. Darunter befanden sich Berichte über gezielte und unbeabsichtigte Tötung von Zivilisten durch das US-Militär, Fälle von Folter und Misshandlungen durch irakische Sicherheitskräfte sowie Hinweise darauf, dass das US-Militär von diesen Praktiken wusste, sie jedoch nicht weiter untersuchte oder strafrechtlich verfolgte.
WikiLeaks veröffentlichte überwiegend Rohdaten, die nicht überarbeitet oder erklärt wurden. Dadurch sollten inhaltliche Verzerrungen vermieden und radikale Transparenz ermöglicht werden. Dennoch kann die journalistische Einordnung traditioneller Medien notwendig sein, um sensible Informationen richtig zu verstehen. Deshalb arbeitete WikiLeaks ab und zu auch mit Medien zusammen, wie es 2010 der Fall war. Ich finde es besonders interessant, dass WikiLeaks mit Zeitungen kooperierte, weil ich vorher nicht wusste, dass eine Organisation mit so radikal aktivistischem Ansatz auch auf klassische journalistische Strukturen zurückgreifen würde.
Vorwurf der Spionage
Julian Assange geriet durch die Veröffentlichung der «Afghan War Diaries» und der «Iraq War Logs» ins Visier der USA. Ihm wurden unter anderem Spionage und Diebstahl geheimer Dokumente vorgeworfen. Auf der Suche nach Sicherheit flüchtete er nach Schweden, wo nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit zwei Frauen Ermittlungen wegen des Verdachts sexueller Übergriffe eingeleitet wurden. Assange durfte jedoch nach London ausreisen. Aus Furcht vor einer Auslieferung an die USA suchte er 2012 Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London, wo er sieben Jahre lang blieb. In dieser Zeit arbeitete er weiter für WikiLeaks und unterstützte andere Whistleblower.
Im US-Wahlkampf 2016 veröffentlichte WikiLeaks E-Mails aus dem Umfeld von Hillary Clinton. Dies schadete den Demokraten erheblich und führte zum Verdacht, Russland habe die Plattform genutzt, um Donald Trump zu unterstützen. Zudem verbreiteten sich durch die Mails zahlreiche Verschwörungstheorien auf Plattformen wie 4chan. Das bekannteste Beispiel war Pizzagate, die falsche Behauptung, führende Demokraten seien in einen Kinderhändlerring verwickelt. Diese aus der Luft gegriffene These verbreitete sich rasant und schädigte den bereits angeschlagenen Ruf von WikiLeaks weiter.
Mit dem Machtwechsel in Ecuador 2017 verschlechterte sich Assanges Lage. Seine Kontakte wurden überwacht, die Internetverbindung gekappt, und 2019 liess die ecuadorianische Regierung die britische Polizei in die Botschaft. Danach verbrachte er fünf Jahre in einem Hochsicherheitsgefängnis in London, während die USA seine Auslieferung verlangten.
Zwölf Jahre Gefangenschaft
Nach insgesamt zwölf Jahren Gefangenschaft – sieben in der Botschaft und fünf im Gefängnis – kam Assange 2024 wieder frei. Doch die politischen Verstrickungen und sein zerstörtes Image haben den Niedergang von WikiLeaks besiegelt: Die Plattform verlor das Vertrauen vieler Unterstützer und ihre frühere Bedeutung.
Mir fällt es schwer, mir eine eindeutige Meinung zu WikiLeaks zu bilden: Einerseits ist die Veröffentlichung von Informationen über Korruption oder Menschenrechtsverletzungen wichtig.Andererseits bin ich nicht mit allem einverstanden, was WikiLeaks unzensiert veröffentlicht hat, da der Schutz von Privatpersonen oft nicht gewährleistet ist. Deshalb halte ich es für wichtig, Dokumente vor der Veröffentlichung sorgfältig zu bearbeiten und alles, was auf Privatpersonen hinweist, zu zensieren. Wer Informationen publiziert, trägt die Verantwortung dafür und muss im Vorfeld der Veröffentlichung abwägen, ob mögliche Gefahren für andere Menschen bestehen. Dem öffentlichen Interesse und der Informationsfreiheit sind auch Grenzen gesetzt.
Quellen:
https://wikileaks.org/What-is-WikiLeaks.html
https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/epstein-akten-veroeffentlichung-100.html
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/assange-chronologie-102.html
https://www.tagesschau.de/ausland/assange-312.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Pizzagate
Illustration: Marc Bodmer x Perplexity

