Schnell wird sozialen Netzwerken wie Tiktok oder Instagram unterstellt, dass sie die Konzentrationsfähigkeit von Jugendlichen negativ beeinflussen. Ist dem wirklich so?
Während meiner langjährigen Arbeit bei volldigital kam vonseiten meiner Mitschülerinnen und -schüler immer wieder eine Frage auf: «Ist Tiktok schuld daran, dass ich mich schlechter in der Schule konzentrieren kann als früher?» Eine ähnliche Frage wurde von Seiten Erwachsener, z.B. Lehrpersonen, gestellt: «Meine Schüler und Schülerinnen können sich heute schlechter konzentrieren als vor ein paar Jahren. Ist Tiktok verantwortlich dafür?»
Im Rahmen meiner Maturitätsarbeit habe ich mich für einen theoretischen Zugang entschieden, da mich Psychologie sehr interessiert, und eine empirische Untersuchung, weil es bis dato keine empirische Studie mit Jugendlichen zu diesen Fragen gab.
So entstand die folgende Fragestellung: «Verringert übermässiger Konsum von Tiktok die Konzentrationsfähigkeit der jugendlichen Nutzer?» Also: Gibt es eine Korrelation zwischen Tiktok-Konsum und Konzentrationsfähigkeit?
Die Literatur [MB1] unterstützt diese Hypothese und erklärt die Einflüsse von Tiktok auf jugendliche Nutzer auf (neuro-)psychologischer Ebene. Tiktok kann durch kurze Inhalte, die Videos, das Belohnungssystem des Gehirns überreizen, was in Kombination mit dem hohen Nutzungstempo, «Swipen», der Geduld respektive Konzentrationsfähigkeit abträglich ist. Mit anderen Worten: Tiktok möchte einen süchtig machen.
Um zu weiterführenden Erkenntnissen zu gelangen, habe ich eine empirische Untersuchung mit 66 jugendlichen Teilnehmenden durchgeführt. Die Jugendlichen füllten den d2-R Konzentrationsbelastungstest [MB2] aus und wurden zu ihrem Tiktok-Konsum befragt. Dieser Test wurde nach Absprache mit meinem Betreuer, Lothar Janssen, ausgewählt, da er als Standard gilt für die Ermittlung der Konzentrationsleistung zum Zeittestpunkt. Es ergab keine Korrelation zwischen der Konzentrationsfähigkeit und dem Tiktok-Konsum.
In den gesammelten Daten zeigt sich allerdings ein anderes spannendes Ergebnis: Es könnte eine Korrelation zwischen Handy-Nutzungszeit insgesamt (Bildschirmzeit) und Konzentrationsfähigkeit vorliegen. In beiden Fällen stellt sich jedoch die Huhn-Ei-Frage: Benutzen Personen mit niedriger Konzentrationsfähigkeit ihr Handy vermehrt, oder verringert Handy-Nutzung inkl. Tiktok die Konzentrationsfähigkeit der jugendlichen Nutzer?
Quellen:
https://www.nytimes.com/2021/12/05/business/media/tiktok-algorithm.html
https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/aufmerksamkeit
https://www.zhaw.ch/de/psychologie/forschung/medienpsychologie/mediennutzung/james/
https://www.maturitaetsarbeiten.ch/cms/archiv/a-z-namen-2024.html?view=article&id=298&catid=13
Bild: Marc Bodmer x Imagine Art